„Ich wusste, dass ich eines Tages würde zusehen müssen, wie mächtige Männer die Welt niederbrennen - Ich hatte nur nicht erwartet, das es solche Verlierer sind.“ — Rebecca Shaw
Hallo!
Vielleicht liest du das, weil du auf meinen WhatsApp-Status geklickt hast. Wenn ja, dann stehen die Chancen gut, dass du mich persönlich kennst, aber vielleicht reden wir nicht unbedingt über (Digital-)Politik, Demokratie und mein Gerechtigkeitsempfinden, wenn wir uns mal sehen.
Ich möchte ein paar Möglichkeiten aufzeigen, um wieder etwas mehr digitale Unabhängigkeit zu erreichen. Einiges davon wirkt auf den ersten Blick kompliziert, ist aber auch nicht wirklich komplizierter als, sagen wir mal, den Mobilfunkanbieter zu wechseln. Aber erstmal geht es mir darum, meine Sicht auf das soziale Internet im Jahr 2025 rüberzubringen. Dass du den Link möglicherweise auf WhatsApp gesehen hast, ist Teil des ganzen Dramas.
Im Internet ist einiges schon seit längerer Zeit in Schieflage: Während Elon Musk (Twitter/X, Tesla, Starlink) sich zum Schattenpräsidenten der USA aufgeschwungen hat und auf der Bühne den Hitlergruß zeigt, wünscht sich Mark Zuckerberg (Meta: WhatsApp, Facebook, Instagram) mehr “Maskuline Energie” im Unternehmen. Vermutlich meint er damit nicht mein Männerbild, sondern eher das Feiern von Aggression als etwas Positivem.
Wir reden rauf und runter über die Gefahr, die unserer Demokratie droht, insbesondere bei der anstehenden Bundestagswahl am 23. Februar 2025. Gleichzeitig haben wir unser gesamtes digitales Leben in die Hände von amerikanischen Oligarchen gegeben, die sich als Gegner einer freien Gesellschaft entpuppt haben, in manchen Fällen auch einfach direkt als Faschisten. Und selbst in den milderen Fällen haben sie sich ohne zu zögern hinter Donald Trump eingereiht.
Meta (Zuckerberg) hat mit Verweis auf freie Meinungsäußerung beschlossen, keine Faktenchecks mehr durchzuführen. Freie Meinungsäußerung ist hier natürlich nur ein vorgeschobenes Argument. Faktenchecks müssen von Menschen durchgeführt werden und sind deshalb teuer. Teuer sind sie auch, weil kontroverse Themen Menschen länger auf einer Plattform halten und “länger auf der Plattform halten” bedeutet mehr Werbung und damit mehr Profit. Außerdem stehen Fakten irgendwie im Weg, wenn du und deine Clique die Welt nach eurem Geschmack umgestalten wollt.
Alles, was ich hier schreibe, haben schlauere Menschen schon viel besser zusammengefasst. Digitalcourage e.V. hat eine sehr gute Artikelsammlung zum Thema Digitale Selbstverteidigung, die alle unten aufgeführten Themen deutlich detaillierter betrachten. Außerdem hat sich in den letzten Tagen Save Social formiert und sich die Zurückeroberung des Internets auf die Fahne geschrieben.
Messenger-Dienste
Du kannst zu einem anderen Messenger-Dienst wechseln. WhatsApp wirbt zwar mit Verschlüsselung, kennt aber trotzdem dein Adressbuch und deinen Standort und weiß, mit wem du wann in Kontakt stehst. Da du deine Telefonnummer auch bei anderen Diensten von Meta hinterlegt hast, lässt sich ein umfangreiches Profil von dir und deinem Verhalten erstellen.
Die offensichtlichste Alternative ist hier sicherlich Signal. Signal wird von einer unabhängigen, gemeinnützigen Organisation entwickelt und betrieben. Es gibt keine Werbung und kein Tracking. Du kannst mit Menschen in Kontakt treten, ohne deine eigene Telefonnummer preiszugeben, einfach indem du stattdessen deinen Benutzernamen teilst.
Du findest mich bei Signal unter oli.13.
Weiter geht nur noch Threema aus der Schweiz, die nicht mal deine Telefonnummer wissen müssen. Hier läuft alles über einen zufälligen Benutzercode. Threema kostet einmalig ~5 Euro für Android bzw. ~6 Euro für iOS.
Du findest mich bei Threema unter J9H3W9FA.
Das Fediverse
Erinnerst du dich noch an die Zeit, als du auf Instagram tatsächlich Fotos mit Leuten geteilt hast, die dir wichtig sind? Oder als du auf Facebook Menschen mit ähnlichen Interessen gefunden hast?
Das Fediverse ist ein internationales Netzwerk, das aus inzwischen mehreren tausend sogenannter Instanzen besteht. Instanzen sind Gemeinschaften, die sich zum Beispiel nach Städten, Regionen oder Interessen gegliedert haben. Sie werden von Vereinen, Hochschulen, Institutionen, Behörden oder engagierten Privatpersonen betrieben. Welcher Instanz man sich anschließt ist egal: Benutzer aller Instanzen können miteinander in Kontakt treten und ein späterer Umzug zu einer anderen Instanz ist möglich. Bei ausreichendem Enthusiasmus kannst du auch deine eigene aufziehen.
Das Wichtigste daran ist, dass das Fediverse keine Plattform im Besitz einer Firma ist, sondern ein offenes Protokoll, also eine Übereinkunft, wie Kommunikation erfolgt, so wie es auch bei Internetseiten und E-Mails der Fall ist.
Dabei bietet das Fediverse viele verschiedene Dienste: Mastodon ist ein Microblogging Dienst, wie Twitter es früher war. Pixelfed ist wie Instagram auf Fotos ausgelegt. Und das sind nur die verbreitetsten Anwendungen. Es gibt auch speziellere Dienste wie Bookwyrm, um sich über Bücher auszutauschen oder Loops als Alternative zu TikTok.
Trotzdem sprechen am Ende alle Dienste eine gemeinsame Sprache: Ich kann von meinem Mastodon Konto aus Fotografen auf Pixelfed folgen und Buchrezension von Freunden auf Bookwyrm abonnieren und umgekehrt.
Was das Fediverse aus gutem Grund nicht bietet sind algorithmische Feeds: Du bekommst keinen automatisierten Strom der neuesten viralen Hypes und kontroversesten Themen reingedrückt. Am Anfang ist es leer und du musst dir deine Community aufbauen. Wie im echten Leben.
Was es außerdem nicht gibt ist Werbung. Das ist für uns als Benutzer gut, wirft aber die Frage auf, wie das alles bezahlt wird. Wie immer, wenn Leute etwas kostenlos aus Überzeugung anbieten: Sie zahlen es aus eigener Tasche und aus Spenden. Ich werfe zum Beispiel ab und zu ein paar Euro für https://social.tchncs.de in den Hut von Milan als Betreiber.
Du findest mich auf Mastodon unter @oli@social.tchncs.de
Eine eigene Domain
Überleg dir, ob du vielleicht eine eigene Domain für dich oder deine Familie haben willst. Eine .de Domain nur für beliebig viele E-Mail Adressen bekommst du schon für einen Euro pro Monat, für etwas mehr auch den Platz für eine eigene Internetseite. Wie immer beim Verlassen der eigenen Komfortzone setzt das voraus, dass man sich ein wenig mit dem Thema beschäftigt. Trotzdem enthalten solche Pakete oft alles, was man zum Erstellen einer eigenen Seite braucht, sogar wenn man mit mehreren Leuten gemeinsam daran arbeiten will.
Eine eigene Domain kann Teil einer eigenen digitalen Identität sein. Ein Bereich im Internet, der nachweislich dir gehört.
Du findest mich - ganz offensichtlich - unter tonick.net
Sonst noch was?
In diesem Beitrag wollte ich nur auf den Aspekt der sozialen Medien eingehen. Es gibt noch viel mehr problematische Dinge zu erwähnen. 40.000 Smartphone Apps sammeln hochpräzise Standort- und Bewegungsdaten und geben damit Aufschluss darüber, wo wir wohnen, wo wir arbeiten, mit wem wir uns treffen und welche unsere liebsten Abtreibungskliniken, Drogenberatungsstellen und Schwulenbars sind.
Das Argument, dass du nichts zu verbergen hast, zieht nicht. Ansonsten kannst du mir bei Gelegenheit gerne für ein paar Minuten dein entsperrtes Telefon überlassen.
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